Seit gestern scheint die Sonne und gibt uns Zuversicht, dass wir doch noch einen goldenen Oktober erleben können. Urban hat schon die zweite Nacht schlecht geschlafen, weil ihm so viele Dinge durch den Kopf gehen. Anders als beim Käse, der jeden Tag aufs Neue produziert wird, muss man beim Wein jeweils ein Jahr warten, bis sich anfängt zu zeigen, ob man alles richtig gemacht hat. Ich kann seine Anspannung verstehen und bin froh, dass ich diese Verantwortung ganz in seine Hände legen kann.So wie Urban froh ist, die Verantwortung für unsere Kommunikation und Vertriebsarbeit ganz mir überlassen zu können.
Auch das eine neue Erfahrung: Einen geliebten Menschen an der Seite zu haben, der die täglichen Aufgaben mit dem gleichen Enthusiasmus und dem gleichen Ehrgeiz angeht wie ich. Den die kleinen Niederlagen des täglichen Lebens genauso schmerzen wie mich, und der sich über die kleinen Schritte der täglichen Erfolge und der eintretenden Routine genauso freut wie ich. Es ist schön, eine gemeinsame Aufgabe zu haben und bei der Größe unserer Aufgabe ist es unvorstellbar, dass einer von uns diese alleine bewerkstelligen könnte. Wir sind schon ein gutes Team, Urban und ich!
Heute ging es dann so richtig los mit der Ernte und dank des guten Wetters, das auch für die nächsten Tage vorher gesagt wird, sind wir guten Mutes.
Der Basis Weißburgunder wurde heute mit 88 Öchsle geerntet und der Spätburgunder für den Blanc de Noir mit 91 Öchsle und das bei akzeptablen Säurewerten.
Etwas ärgerlich war für Urban, dass die Lesehelfer trotz seiner Anweisung, die unreiferen Geiztrauben des Weißburgunder, die meist etwas weiter oben am Stock hängen, bei der Vorlese nicht weggeschnitten hatten. Der Weißburgunder wurde nämlich mit der Maschine gelesen, und die holt alles am Stock was da hängt und kann nicht reif und reifer voneinander unterscheiden…
Ich bin ja gespannt, ob ich jemals ein Freund der Lesemaschine werde. In perfekten Jahren, oder wenn es bei der Ernte an allen Ecken und Enden „brennt“ mag sie ihre Berechtigung haben. Aber meine Idealvorstellung wäre schon, dass wir künftig alles, was irgendwie möglich ist, von Hand lesen.
Allerdings brauchen wir dafür unbedingt noch eine Lösung für die Unterkunft der Erntehelfer. Das ist hier im Rheingau wirklich ein Problem. Unsere polnischen Erntehelfer sind z.B. auf dem Hattenheimer Campingplatz untergekommen, das war aber bis zum Schluß ganz unsicher, weil der Campingplatz sich vorbehalten hatte, bereits Anfang Oktober zu schließen. Aber Ende gut alles gut, und so wird sich sicher auch im nächsten Jahr eine Lösung finden, auch wenn wir die Mannschaft etwas verstärken.