Captain Cork
empfiehlt Seahorse Wein

Markus Johst alias Captain Cork schreibt einen Wein-Newsletter und Blog. Kurzweilig und brilliant formuliert lernt man vielerlei über die Welt der Weine und erhält dabei interessante Einkaufs-Angebote.

Ich bin ein Diener meiner Trauben

Das war der Betreff zu seinem Newsletter am 11. Dezember 2021, in dem er über das Tasting der Weine unseres Freundes Ze’ev Dunie aus Israel berichtet. Aber lesen Sie selbst….

„Der Captain gehört zu jenen Menschen, die der Meinung sind, dass man als Deutscher oder Österreicher in den nächsten 800 Jahren absolut nichts kritisieren darf, was Israel macht. Kritik an Israel: verboten! Das ist jetzt keine Satire, sondern bitterer Ernst.

Deutsche und Österreicher haben einfach die Klappe zu halten, wenn in Israel etwas geschieht, das uns nicht gefällt. Mit dieser Position eckt der Captain natürlich an. Vor allem bei Links und Rechts, also überall, und das ist gut so. Habe ich jetzt deine Aufmerksamkeit? Danke.

Genauso begann vor 18 Monaten ein Newsletter des Captain über Wein aus Israel und wird in Zukunft immer so beginnen.

Es gibt nämlich Menschen, die den Captain davon überzeugen wollen, dass Wein aus Israel nicht getrunken werden darf. Wegen der „besetzten Gebiete“ und so. Meistens sagen so etwas Leute mit einem Weltbild im rot-grünen Spektrum der ideologischen Farbenlehre.

Darf man Wein aus Israel kritisieren? Natürlich, aber nicht, weil er aus Israel kommt, sondern nur, wenn er LANGWEILIG schmeckt. Die meisten Weine schmecken langweilig und haben sowieso nichts in meinem Newsletter zu suchen.

Neulich war es wieder so weit: Es gab Wein aus Israel. Die ehemalige VDP-Geschäftsführerin Eva Raps, Frau des Rheingau-Winzers Urban Kaufmann, lud den Captain ein, um einer spannenden Vergleichsprobe beizuwohnen: Israel vs. Châteauneuf-du-Pape. Hä?

Das klang schräg.

Doch dann verstand der Captain.

Denn der ehemalige Dokumentarfilmer und Quereinsteiger-Winzer Ze’ev Dunie von der Seahorse Winery nahe bei Jerusalem war nach Berlin gekommen, wo er öfter ist, denn sein Vater hatte hier in der Zigarettenfabrik des Onkels gearbeitet, bevor er aus purem Zufall 1938 dem Holocaust entkam.

Dessen Mutter in Israel wollte nämlich nicht mehr allein sein und nervte den Sohn, bis der die Koffer packte und ins gelobte Land ging. Wenig später wurden für deutsche Juden die Grenzen dichtgemacht und so gut wie keiner kam mehr raus.

Immer wieder begibt Ze’ev sich auf eine spirituelle Reise in die Stadt, wo der Vater und seine Familie lebten, weil er meint, hier näher bei sich zu sein.

Das Duo-Kaufmann-Raps verkauft die Weine Ze’evs im → Onlineshop des Weinguts, weil man durch die lobenswerte Initiative Twin Wineries mit Ze`evs Seahorse Winery verknüpft ist. Mehr darüber weiter unten.

Einer dieser Weine ist aus den klassischen Châteauneuf-du-Pape-Rebsorten Syrah, Grenache, Mourvedre (und ein bisschen Counoise und Cinsault) hergestellt und schmeckt auch so wie Châteauneuf-du-Pape, weil Ze’ev diesen Weintyp so liebt.

Das ist mein Mittagswein → Cuvée Antoine von Seahorse Winery. Ein köstliches Getränk, das obendrein nur die Hälfte von gutem Châteauneuf-du-Pape kostet: 30 Euro.

Diese Zahl ist zwar auch nicht gerade billig, aber die preiswerteste Art wirklich guten Châteauneuf-du-Pape (der eigentlich keiner ist) ins Glas zu bekommen.

Das meinten auch die Verkoster jener Vergleichsprobe, welche im Zimmer des Berliner Weinhändlers und Sommeliers Frank Krüger stattfand, der hier eine Wein-Fortbildungsstätte mit dem herrlichen Namen Edel & Faul betreibt.

Ze’ev ist kein unbeschriebenes Blatt. Der deutsch-britische Weinjournalist Stuart Pigott schuf eine berührende Reportage über → seinen Besuch in Ze’ev Dunies Seahorse Winery, die nur 3 Hektar groß ist.

Der Captain mag die Texte von Stuart, der einen deutschen und britischen Pass besitzt und der einzige Weinjournalist Deutschlands ist, der es schaffte, jenseits der kleinen Weinblase beim Publikum Berühmtheit zu erlangen, wozu eine ganze Reihe hervorragender Bücher beitrug.

Ze’ev sagt: „Ich bin ein Diener meiner Trauben.“

Weinbau in Israel ist kein leichtes Unterfangen. Die 2021-Lese von Ze’ev ergab nur 50% der üblichen Menge, denn im April tötete eine Hitzewelle viele Blüten. 2015 puderte knapp vor der Ernte ein Sandsturm Ze’evs Trauben ein und er befürchtete, dass der ganze Jahrgang im Eimer ist. Trotzdem presste er die eingestaubten Beeren und siehe da: null Schaden.

Ze’ev zum Captain: „Manchmal macht man sich unnötige Sorgen.“

Vom klassischen Terroir-Gedanken muss man sich bei der Beschäftigung mit israelischen Weinen weitgehend verabschieden. Die Branche jenseits der kleinen Spezialitäten-Hersteller setzt in erster Linie auf High-Tech, von der Bewässerung bis zu Abfüllung.

Auch bei den Rebsorten hat man globale Trends im Fokus: Cabernet Sauvignon, Merlot, Shiraz und Chardonnay dominieren den Anbau und unterscheiden sich mit ihrer Internationalen Stilistik kaum von Erzeugnissen aus anderen Ländern der neuen Weinwelt. Als autochthone Traube hat in Israel lediglich die rote Rebsorte Argaman Bedeutung, die 1970 aus einer Kreuzung aus Carignan und Sousao entstand und besonders hitzeresistent ist. Abgesehen von den langweiligen Produkten einiger Großkellereien sind israelische Weine in Deutschland wenig bekannt.

Schau dir im Onlineshop von Kaufmann an, was Ze’ev sonst noch für Weine macht. Die sind alle gut. Ein toller Chenin Blanc ist auch dabei, der es in das neueste Buch des Weinjournalisten Carsten Henn schaffte. Titel: „111 Weine aus aller Welt, die man getrunken haben muss“. Das kann man zusammen mit dem Wein auch in → Kaufmanns Shop bestellen.

Wein aus Israel nach Deutschland zu importieren ist alles andere als leicht, weil EU-Stellen, inspiriert von anti-israelischen Kräften, lästige Importbeschränkungen für Wein nicht beseitigen.

Eva Raps: „Ich könnte ein Buch über diese Bürokratie schreiben.“