Ein VDP Kollege sagte mir 2 Wochen nach der Ernte, dass die 2014er Lese die schwierigste seiner bisherigen Erfahrung gewesen sei. So schwierig hatten Urban und ich die Ernte eigentlich nicht empfunden, wir kannten es ja nicht anders. Ein wenig anstrengend war es natürlich, aber dass der Winzertag nicht nur 8 Stunden hat, das wussten wir ja schon. Das Schlimmste an diesen letzten beiden Wochen der Lese (die ersten beiden Wochen ab Mitte September war das Wetter noch wunderbar) war im Rückblick der tägliche Blick auf den Wetterbericht mit dem Regenradar, verbunden mit der Frage, auf die niemand eine Antwort hatte: wird es in absehbarer Zeit doch nochmal trocken und sonnig werden…? Diese Ungewissheit und die damit verbundene Unsicherheit, wie wir das Lesemanagement für den nächsten Tag gestalten sollen, das war für schon etwas nervenaufreibend. Also doch eine schwierige Ernte… Doch damit sind wir ja nun gut gewappnet auf das was kommen mag und egal wie schlimm es kommt – wir haben eine Ernte mehr Erfahrung als in 2014…
Die Gärung verlief wunderbar zügig und wir waren froh, dass wenigstens ein Fass in der Gärung stehengeblieben ist, denn diese Restsüße brauchen wir jetzt, um dem ein oder anderen trockenen Wein noch etwas mehr Balance in Form von ein paar Gramm Restzucker mit auf den Weg geben zu können.
Und dann kamen ab dem Januar die ersten spannenden Momente der Jungweinproben, mal alleine bei uns im Weingut, mal zusammen mit Kollegen und Experten und schließlich bei den ersten offiziellen Präsentationen wie der ProWein in Düsseldorf und der Weinbörse in Mainz.
Seit wir die Entwicklung eines Weines vom Fass bis hin auf die Flasche und anschließender Flaschenreife so hautnah erleben, wird uns bewußt, dass jede Einzel-Verkostung eines Weines nur eine ganz kurze Momentaufnahme im Leben eines Weines reflektiert, so wie eine einzige Seite in einem dicken Familien-Fotoalbum.
So hat der Geschmack des Weines so lange er noch auf der Hefe liegt kaum Ähnlichkeit mit dem gefilterten Wein. Und einmal gefiltert schmeckt der Wein bei jeder Probe anders, sei es weil man selbst in jeweils anderer Stimmung ist, sei es weil der Wein mal wieder einen gewaltigen Entwicklungssprung seit der letzten Probe gemacht hat. Nur wenige, der ganz herausragenden bzw. anders schmeckenden Fässer erkennt man immer wieder – auch in einer Blindprobe – heraus.
Bis dann der Tag der Abfüllung kommt. Der Wein scheint in einer Art Schockzustand und wir werden es tunlichst vermeiden, ihn künftig früher als 3 Wochen nach der Abfüllung zu verkosten, so deprimiert waren wir nach der Verkostung der ersten Abfüllung des 2014er Gutsweines…
Umso glücklicher waren wir dann, dass unser erster Jahrgang bei der ProWein und Weinbörse mit viel Lob bedacht wurde. Und auch wir haben natürlich den ein oder anderen Kollegenwein verkostet und fanden unsere „Babys“ mindestens genauso schön. Und ganz sicher nicht nur, weil das frischgebackenen Eltern eben immer so geht 🙂
Ob unsere Erziehung jedoch in genau die von uns gewünschte Richtung geführt hat, das werden wir erst in ca. 6 Monaten sehen, dann werden die Weine aus ihrem Pubertäts-Stadium hinaus sein, sich in ihrer ganzen Schönheit zeigen und sicher manch bisher ungeahnten, ganz eigenständigen, Charakterzug entwickelt haben.
Klarheit, Präzision und Rückrat zeigen Sie auch heute schon – die Anlagen für etwas ganz Großes sind also gelegt…